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Simple, digitale, skalierbare Produkte

Warum Allianz-CTO Schell auf Simplicity setzt

Allianz-CTO Axel Schell macht in seiner Keynote deutlich: Es wäre ein Fehler, beim Vereinfachen nur aus der IT heraus zu denken. Produkte und Prozesse müssen dazugehören.

Eine Fernbedienung könne auch viel reduzierter aussehen, meint Allianz-CTO Axel Schell.
Eine Fernbedienung könne auch viel reduzierter aussehen, meint Allianz-CTO Axel Schell.
Foto: cio.de

Steckenpferde nennt Allianz-CTO Axel Schell bei seiner Keynote auf den Hamburger IT-Strategietagen 2022 die Themen Simplicity und Plattformen. Was der Gewinner des CIO des Jahres 2021 mit Simplicity meint, verdeutlicht er am Beispiel einer Fernbedienung. “Denken Sie an eine Fernbedienung”, bittet Schell sein Publikum. Da könnte einem eine Universalfernbedienung in den Sinn kommen – mit unzähligen winzigen Knöpfen, von denen man nur einen kleinen Teil im Alltag nutzt. Doch eine Fernbedienung könne auch viel reduzierter aussehen, sagt Schell. Um das zu verdeutlichen, zeigt er Bilder der Apple Remote Fernbedienung für Apple TV sowie das Bild eines Alexa-Geräts.

Ein weiteres Beispiel für die Vereinfachung ist das Cockpit von Raumfähren. Während auf einem Bild des Cockpits im Apollo-Raumschiff noch eine riesige Anzahl von Knöpfen zu sehen ist, wirkt das Cockpit im Dragon 2 des privaten US-Raumfahrtunternehmens SpaceX viel reduzierter. Viele Funktionen, für die es in früheren Raumschiffen einen Knopf gab, basieren heute auf Software, weiß Schell.

Mit Einfachheit macht man es sich nicht einfach

“Doch wie lässt sich Simplicity lernen?”, fragt Schell. Für Simplicity gibt es kein Schulfach, keine spezielle Ausbildung und auch kein Studienfach. Dinge einfach zu machen, bedeutet auch keinesfalls, dass damit besonders wenig Aufwand verbunden ist. Das Gegenteil ist der Fall. “Einfach ist die höchste Form der Vollendung” zitiert Schell Leonardo da Vinci. Und möchte damit verdeutlichen, dass Einfachheit schwierig ist und dazu viel Aufwand, Reife und Fleiß gehören. Noch deutlicher sagt es Elon Musk mit “Any product that needs a manual, is broken”.

Von Tesla-Chef Elon Musk lernen: Axel Schell während seiner Präsentation auf den Hamburger IT-Strategietagen 2022.
Von Tesla-Chef Elon Musk lernen: Axel Schell während seiner Präsentation auf den Hamburger IT-Strategietagen 2022.
Foto: cio.de

Am Beispiel der Veränderung der Versicherung Allianz Privatschutz 1.0 hin zu Allianz Privatschutz 2.0 überträgt Schell das Thema Simplicity auf die Branche seines Arbeitgebers. Während die alten Versicherungsbedingungen ziemlich kompliziert und schwer verständlich waren, wurde das Produkt stark vereinfacht. Die Versicherungsbedingungen des Anfang 2020 eingeführten Produkts Allianz Privatschutz 2.0 sind nur noch halb so lang und der Text viel verständlicher als in der Vorgängerversion. Statt 40 brauchen Kunden nur noch maximal acht Klicks bis zum Ziel. Das Produkt wird als extrem erfolgreich bewertet – der Umsatz des Privatschutzes habe sich um 18 Prozent erhöht, so Schell.

Um nicht nur auf der Produkt- sondern auch auf der IT-Ebene für mehr Einfachheit zu sorgen, wurde eine IT Master Plattform eingeführt, die länderübergreifend IT-Systeme und -Applikationen vereinheitlicht. Seit 2018 hat die Allianz die Anzahl ihrer Rechenzentren von 144 auf 6 reduziert. Der Anteil von Cloud-Infrastruktur liegt im Konzern aktuell bei 66 Prozent. Zudem wurde im Zuge der Corona-Pandemie die Anzahl der virtuellen Arbeitsplätze von 80.000 auf 121.000 erhöht.

“Does it spark joy?”

Axel Schells Keynote inspiriert dazu, die Frage “Does it spark joy?” der Aufräumexpertin Marie Kondo nicht nur beim Ausmisten im Kleiderschrank sondern auch für die IT zu stellen. Und dieses Ausmisten dauert bei der Allianz aktuell noch an. Bis 2025 dekommissioniert die Allianz mehr als 60 Prozent ihrer IT-Applikationen. Die Ambition des Konzerns ist es, im Jahr 2027 im Vergleich zum Jahr 2021 etwa 250 Millionen Euro einzusparen. Neben den Einsparungen trägt dieser Schritt auch zur Simplifizierung bei.

"Es gab noch nie eine bessere Zeit, um ein echter Nerd zu sein", sagt Allianz-CTO Schell.
“Es gab noch nie eine bessere Zeit, um ein echter Nerd zu sein”, sagt Allianz-CTO Schell.
Foto: cio.de

Die Allianz hat sich zum Ziel gesetzt, signifikant zu reduzieren und den Plattformgedanken nach vorn zu tragen. “Es wäre ein Fehler, wenn wir das nur aus der IT heraus denken würden”, sagt Schell. Deshalb sei es ein wichtiges Anliegen, parallel Produkte und Prozesse zu vereinfachen.

Das dafür entwickelte Allianz Customer Model beschreibt simple, digitale und skalierbare Produkte:

  • simpel

  • wenige, intuitive Produkte

  • keine negativen Überraschungen

  • digital

  • Nutzung von Data Analytics

  • keine Legacy-Systeme

  • skalierbar

  • harmonisierte Prozesse

  • Kosten- und Umsatz-Synergien

Beispiele aus der Türkei und Italien bestätigen den Erfolg des Modells. In der Türkei wurden ehemals 486 Produktkombinationen auf zwölf reduziert. In Italien wurden 777 alte Produkte durch eine einzige Produktfamilie ersetzt. Dabei wurde nicht nur die Komplexität reduziert, sondern auch das Neugeschäft erhöht.

Das Allianz Customer Model und die IT Master Platform zusammen ergeben die sogenannte Business Master Platform. Mehr als zehn Allianz-Gesellschaften beteiligen sich an der Entwicklung. Statt mehrerer hundert umfasst die Plattform nur noch 32 globale Masterprozesse.

3 Hypothesen für die IT von Morgen

Abschließend teilt Schell drei Hypothesen für die IT von Morgen:

  • Intuitive Produkte und Prozesse sind der Schlüssel einer positiven Customer Experience.

  • Standardisierte Schnittstellen ermöglichen Zusammenarbeit mit digitalen Ökosystem-Partnern.

  • Global skalierte Cloud-Plattformen und agile Entwicklung sind die beiden entscheidenden Kernelemente für eine erfolgreiche Zukunft.

“Es gab noch nie eine bessere Zeit, um ein echter Nerd zu sein”, ist sich Schell sicher. Für die anstehenden Aufgaben ist viel IT-Wissen notwendig.

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