Klimaforscher Rockström: IT ist ein wesentlicher Teil der Lösung
Warum die IT seiner Meinung nach eine Schlüsselrolle für die Zukunft unseres Planeten spielt, erläutert der Klimaforscher Johan Rockström auf den Hamburger IT-Strategietagen.
“Johan’s speech was amazing”, “Wow – impressive” und “great lecture … and sobering” sind nur drei der Reaktionen, die im Anschluss an Johan Rockströms Keynote auf den Hamburger IT-Strategietagen im Konferenz-Chat gepostet wurden. Rockström ist Klimaforscher, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Professor für Erdsystemforschung an der Universität Potsdam. In seiner Keynote “IT and world development within planetary boundaries” verdeutlicht er, warum die digitale Revolution nur innerhalb der sicheren planetaren Grenzen stattfinden kann.
Rockström zeigt zu Beginn seiner Keynote “data on what is occurring right outside our windows”. Das Jahr 2020 war das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Und der Trend ist klar erkennbar – die vergangenen fünf Jahre zählten zu den wärmsten. Zu den extremen Wetterereignissen im Jahr 2020 zählten neben der Hitzewelle in Europa die Hitzewelle in Sibirien, die Buschbrände in Australien sowie die schweren Überschwemmungen in Bangladesch. Laut dem “Global Risks Report 2021” des Weltwirtschaftsforums sind extreme Wetterlagen, Versagen im Kampf gegen den Klimawandel und menschengemachte Umweltschäden die drei größten Gefahren für die Erde.
“We tend to underestimate planetary emergency”, ordnet Rockström die Lage unseres Planeten ein. Und er macht deutlich, dass Vorsicht geboten ist. Bislang war die Erde in der Lage, sogenannte Schocks durch Resilienz abzufangen. Doch: “Natural ecosystems are showing signs of cracks”, sagt er. Dazu komme die Erkenntnis, so Rockström, dass Kipppunkte im Klimasystem in Verbindung zueinanderstehen: beispielsweise das schmelzende Eis in der Arktis und die verlangsamte Zirkulation des Atlantiks. Der Weg, auf dem man sich befinde, sei sehr riskant.
Neun planetare Grenzen
Rockström stellt neun planetare Grenzen vor, von denen jede notwendig für den Fortbestand der menschlichen Spezies sei. Dazu zählen unter anderem der Klimawandel, biogeochemische Kreisläufe und der Süßwasserverbrauch. Das Fenster in eine sichere Zukunft sei noch nicht verschlossen, erläutert er. Dafür müssten die CO2-Emissionen in den kommenden 30 Jahren auf Netto-Null absinken. Rockström zeigt eine “roadmap for rapid decarbonization” und macht deutlich: Wenn all das umgesetzt werde, liege die Chance bei 66 Prozent, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Vierte industrielle Revolution
Rockström fordert eine Nachhaltigkeitsrevolution und vierte industrielle Revolution. Unter anderem sollten sich in der digitalen Wirtschaft die Emissionen bis 2030 halbieren. Dazu zählen etwa die Nutzung erneuerbarer Energien, der Betrieb eines kohlenstofffreien Rechenzentrums sowie die drastische Reduktion der Emission fluorierter Gase.
Die Schlüsselrolle der digitalen Industrie sieht Rockström darin, innovative Lösungen für sich und andere Branchen zu entwickeln, das Konsumentenverhalten zu beeinflussen und die Transformation des Energiesystems maßgeblich zu gestalten. “Become ambassadors and communicators”, fordert Rockström in seiner Keynote. “I think the IT industry is a significant part of the solution”, lautet seine Einschätzung.