Hamburger IT-Strategietage Digital
News
Hamburger IT-Strategietage
ReDI School: Integration und Tech-Ausbildung Hand in Hand
Wie können private Initiativen die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt beschleunigen? Leiter, Schüler und Partner der ReDI School of Digital Integration berichten.
2015 mit 42 Teilnehmern in Berlin gestartet, um Flüchtlingen die Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt zu erleichtern, hat sich die gemeinnützige ReDI School of Digital Integration zu einer absoluten Erfolgsgeschichte entwickelt. Allein im vergangenen Jahr wurden 8.000 Teilnehmer in Deutschland, Dänemark und Schweden in verschiedenen Tech-Skills geschult, erklärte Gründerin Anne Kjaer Bathel auf den Hamburger IT-Strategietagen 2024. Die einen lernen Word, Excel und Powerpoint, auf der anderen Seite werden aber auch Tech-Skills wie Cybersecurity, KI, Python oder React vermittelt.
Eine Besonderheit ist, dass die ReDI School fast ausschließlich mit ehrenamtlichen Lehrkräften arbeitet – beispielsweise indem Tech-Unternehmen ihren Mitarbeitern die Möglichkeit geben, einmal pro Woche für zwei Stunden zu unterrichten. Im Gegenzug erhalten sie Zugang zu den Teilnehmern. “Wir sehen das als ein wunderbares Rekrutierungsprogramm, sowohl für unsere Teilnehmer als auch für die Unternehmen”, sagt Kjaer Bathel, die 2023 mit dem Digital Future Award ausgezeichnet wurde. Gleichzeitig sei es auch ein Weiterbildungsprogramm für die Junior Techies in den Unternehmen.
Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels
“Es ist eine klassische Win-Win-Win-Situation”, unterstreicht die Dänin, die seit zehn Jahren in Deutschland lebt: “Auf der einen Seite suchen geflüchtete Menschen in Deutschland Arbeit. Gleichzeitig wissen wir alle, dass die Technologiebranche händeringend nach internationalen Fachkräften und Talenten sucht, und in Deutschland brauchen wir eine erfolgreiche und schnelle Integration. Die ReDI School löst alle drei Herausforderungen.”
Wie Kjaer Bathel erläutert, wird mittlerweile eine breite Palette an Kursen angeboten, die von Computer-Grundlagen für Kinder bis hin zu Zertifizierungskursen beispielsweise mit Microsoft, Cisco und IBM reichen. Darüber hinaus gebe es verschiedene Formate wie Karriere-Workshops und Jobmessen, um ehemalige Teilnehmer mit Unternehmen zusammenzubringen, die Fachkräfte suchen.
Das alles sei nur möglich, weil die ReDI School sehr eng mit Unternehmen, aber auch mit Stiftungen zusammenarbeite. Ferner erhalte man zum Teil öffentliche Gelder. Trotz dieser Kooperationen, in Hamburg beispielsweise mit der Otto Group und der Holistic Foundation, sei immer noch Platz für weitere Unternehmen, warb die Dänin. So gebe es derzeit doppelt so viele Bewerbungen wie Plätze.
Die Nachfrage ist also da, aber finden Flüchtlinge auch Arbeit? Das Konzept funktioniert, wie Kjaer Bathel betont. Nicht immer sofort, räumt sie ein, aber wie eine Untersuchung zeigt, hat ein Großteil der ehemaligen Teilnehmer nach 18 Monaten entweder einen Job, macht ein Praktikum oder geht zurück an die Universität, um ein technisches Studium zu beginnen.
Einer dieser Ehemaligen ist Tolulope Emmanuel Adesuyi, der heute als IT-Analyst bei Kühne + Nagel arbeitet – und selbst ehrenamtlich an der ReDI School unterrichtet. Er findet es toll, dass er in der ReDI School Phyton und Java gelernt hat und sein Projekt am Demo Day vorstellen konnte. Anschließend habe er viele gute Gespräche geführt, erklärte er in der Podiumsdiskussion.
Schüler und Dozenten lernen
Für Otto-CIO Michael Müller-Wünsch, auf dessen Initiative der Handelskonzern seit 2022 mit der ReDI School Hamburg kooperiert, hat die Partnerschaft gleich mehrere positive Aspekte. “Wir haben die Möglichkeit, den Menschen zu zeigen, dass die Otto Group neben ihrer Tätigkeit im geschäftlichen Sinne auch etwas für die Gesellschaft tun kann”, erzählt er. Und das begeistere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich entsprechend einzubringen, Vorlesungen zu halten, mit den Studierenden zu arbeiten.
Es sei aber nicht nur so, dass man etwas an Wissen weitergebe, sondern was er als Feedback bekomme, sei, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei auch lernen – in Bezug auf Vielfalt, unterschiedliche Kulturen, Sprachen und so weiter. Außerdem sei es eine tolle Sache, um einen Impact in der Gesellschaft zu erzeugen.
“Wir reden nicht über große Investitionen, wir reden über Tage, die wir den Mitarbeitern zur Verfügung stellen, um sie bei diesem Programm zu unterstützen”, so der Otto-CIO, “und meiner Meinung nach bekommen wir das Tausendfache zurück.”
Das S in ESG steht für Social
Manchmal scheiterten solche Dinge an Budgets und formalen Strukturen in den Unternehmen, erklärte Müller-Wünsch. “Aber was wir alle im Hinterkopf behalten sollten – wir haben alle eine Verpflichtung mit dem neuen Corporate Governance Framework ESG. Das S in ESG steht für Social”, gab der Otto-CIO den Zuhörern mit auf den Weg. Das Engagement für die ReDI School oder ähnliche Einrichtungen wie der Hacker School könne man dem CFO also auch auf diese Weise schmackhaft machen, denn dafür gebe es Scoring-Punkte im ESG-Reporting, empfiehlt der IT-Manager abschließend.