Der Plan vom Silicon Valley der Staatsdigitalisierung
Das Wort Digitalisierung tauche im Koalitionsvertrag ungefähr zweimal auf jeder Seite auf, so Markus Richter. Wie er mit der hohen Erwartung umgeht.
Die Bundesregierung hat sich auf die Fahnen geschrieben, Deutschlands Verwaltung bis Ende 2022 flächendeckend zu digitalisieren. Realistisch ist das nicht, sagt Markus Richter ganz ohne Scheu. Auch weil Digitalisierung kein definierter, irgendwann abschließbarer Vorgang sei. Vielmehr ist es ein fortlaufender Prozess, eine Daueraufgabe. Schließlich entwickelten sich die Aufgaben und die damit verbundenen Prozesse ständig weiter.
Trotzdem wird natürlich auch der Bundes-CIO, oder wie er offiziell heißt, der “Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik” im Rang eines Staatssekretärs am Erfolg seines Tuns gemessen. Und dieser Erfolg hängt entscheidend davon ab, wir gut die umgesetzten Maßnehmen Bürger und Unternehmen erreichen, wie nahe sie ihnen sind.
“Auch die Digitalisierung von Verwaltung ist natürlich kein Selbstzweck”, so Richter, “sondern wir wollen den Menschen helfen, besser klarzukommen. Es geht darum, wie Prozesse aktuell ablaufen – und wie wir sie verbessern können.”
Deshalb ist es auch nicht sein Ziel, möglichst schnell so viele Anwendungen wie möglich auszurollen, sondern als erstes jene Themen in Angriff zu nehmen, die den Menschen am meisten unter den Nägeln brennen.
Hinderlich auf dem Weg zu einer möglichst durchgängig digitalen Verwaltung ist natürlich unser Föderalismus mit seinen weit verteilten Zuständig- und Verantwortlichkeiten. “Dabei dürfen wir uns auf keinen Fall gegeneinander ausspielen lassen”, so der Bundes-CIO. “Schließlich wollen wir alle, dass es vorangeht.”
Für einige Argumente hat Richter kein Verständnis
Hilfreich wäre aus seiner Sicht vor allem, wenn IT-Lösungen verstärkt in einem Land oder einer Stadt entwickelt und dann über die ganze Republik ausgerollt würden, wünschenswert zum Beispiel beim viel zitierten Bauantrag. Der ist noch längst nicht überall in Deutschland digital abwickelbar. Und für einige der Argumente, die gegen eine Übernahme von woanders erdachten Lösungen vorgebracht werden, hat Markus Richter “schlicht kein Verständnis.”
Vieles ist aber auf einem guten Weg, auch das macht er deutlich, zum Beispiel das Thema elektronische Identitäten, also das sichere und eindeutige Erkennen eines Nutzers. Nur wenn es funktioniert, können elektronische Services rechtssicher genutzt werden. Gerade für Unternehmen ist dieser Aspekt von großer Bedeutung. “Das Projekt ist bereits in der Revision, anschließend setzen wir es um.”
Ein Thema, mit dem sich der Bundes-CIO und sein Team oft beschäftigen müssen, sind Zuständigkeiten, weil Digitalisierung immer eine Querschnittsaufgabe ist und heute keine Verwaltungsangelegenheit “von einem einzigen Referat Ende zu Ende beraten werden kann.” Um trotz unzähliger Beteiligter zu Ergebnissen zu kommen, brauche es agile Strukturen, auch weil sich nur so die gewünschte Transparenz und Nachvollziehbarkeit herstellen lässt.
Es geht um Kommunikation und Kooperation. Das gilt natürlich nicht nur verwaltungsintern, schon weil diese Verwaltung ihre Digitalisierung ohne externe Partner ohnehin nicht erfolgreich vorantreiben kann.
Silicon Valley der Staatsdigitalisierung
Getreu dieser Erkenntnis wird noch in diesem Jahr in Berlin zwischen Nordbahnhof und Humboldthain der GovTech Campus eröffnet, ein Inkubator, der neue Beteiligungsformen zwischen Verwaltung, Wissenschaft und StartUps möglich machen und umsetzen soll. Neben dem Campus in der Hauptstadt sollen auch “Zweigstellen” an anderen Standorten entstehen, den Anfang machen Frankfurt/Main und Hamburg. “Wir wollen als befruchtend und inspirierend wirken”, so Markus Richter, “was mir vorschwebt ist eine Art Silicon Valley der Staatsdigitalisierung.”
So innovativ dieser Ansatz ist – die Beurteilung der Arbeit des neuen Bundes-CIOs wird eher von der Frage abhängen, wie zufrieden die Bürger mit den Digitalisierungsfortschritten sind. Deshalb beschäftigt er sich aktuell auch intensiv mit der Transparenz bestehender Angebote. “Wir wollen sichtbar machen, welche Leistungen in welchem Landkreis abrufbar sind, wer sie nutzt und wie zufrieden die Nutzer sind. Auch damit wir über unsere Fortschritte Rechenschaft ablegen können.”